Dokumentation Flexible Kirchenräume
Die Dokumentation Flexible Kirchenräume entstand im Rahmen der Vorbereitungen zum vierten Schweizer Kirchenbautag im Jahr 2021, der dem Thema „Flexible Kirchenräume. Aktuelle Neugestaltungen“ gewidmet war.
Geht man davon aus, dass eine Kirche im Schnitt alle dreissig Jahre einer grösseren Renovation oder Sanierung unterzogen wird, ergibt dies bei einer Annahme von 6000 Sakralbauten in der Schweiz pro Jahr 200 Renovationen. Diese Zahl ist nicht belastbar, da wir weder die genaue Anzahl der Kirchen, Kapellen und Klöster in der Schweiz kennen und ausserdem die Abstände der Renovationen variieren. Aber sie gibt doch einen Anhaltspunkt.
Renovationen und Sanierungen
Renovationen und Sanierung beinhalten ein grosses Spektrum an Massnahmen: Instandhaltung, Behebung von Schäden an der Bausubstanz, Reinigung, Auffrischung, Umgang mit Spuren früherer Sanierungen. Namentlich sind dies: Mauerwerkssanierung, Dach- und Dachstuhlsanierung, Fassadensanierung, Betonsanierung, Asbestsanierung, Deckensanierung, Fenstersanierung, Renovation der künstlerischen Ausstattung, energetische Sanierung, thermische Sanierung, Sanierung von Heizung und Gebäudetechnik.
Bei einem Grossteil der Renovationen von Sakralgebäuden geht es ausschliesslich um die genannten Themen. Bisweilen sind Renovationen aber auch der Anlass, um über Umgestaltungen und Neugestaltungen insbesondere im Innenraum nachzudenken. Der Grund für solche Um- und Neugestaltungen sind Veränderungen in der Nutzung der Gebäude.
Flexible Nutzung
Ein grosses Thema ist heute der Wunsch, Kirchenräume flexibler nutzen zu können. Für diesen Wunsch gibt es viele Gründe: Veränderung der Liturgie, neue Gottesdienstformen, vermehrte Nutzung der Gebäude für nichtkirchliche Veranstaltungen bis hin zu Nutzungen zusammen mit anderen Institutionen und Umnutzungen.
In der Tat hängt das Thema der Flexibilisierung der Kirchenräume mit dem Thema der Kirchenumnutzung oder der erweiterten Nutzung von Kirchen zusammen, das an den Kirchenbautagen von 2015 und 2017 diskutiert wurde und in der «Datenbank Kirchenumnutzungen» mit zahlreichen Beispielen dokumentiert ist. Diese Beispiele haben gezeigt, dass Umnutzung in den selteneren Fällen Verkauf oder Abriss bedeutet. Viel häufiger sind Mischnutzungen oder erweiterte Nutzungen, bei denen die Kirche weiterhin Besitzerin des Gebäudes bleibt und dieses auch weiterhin für die eigenen Bedürfnisse nutzt, es zusätzlich aber auch anderen Nutzern zur Verfügung stellt, temporär oder auch längerfristig.
Im Unterschied zu den Umnutzungen oder erweiterten Nutzungen verwenden wir den Begriff der Flexiblen Nutzung hier für Formen, bei denen die Kirchen weiterhin primär im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen genutzt werden, die jedoch ein grösseres Spektrum umfassen als nur den traditionellen Sonntagsgottesdienst. Flexibel gestaltbare Räume bieten darüber hinaus die Möglichkeit, die Kirchen leichter auch für nichtkirchliche Anlässe zur Verfügung zu stellen.
Dokumentation
Als Vorarbeit zur vorliegenden Dokumentation haben wir eine kleine Datenbank mit Neugestaltungen von Kirchen und Kapellen der letzten zehn bis fünfzehn Jahre erstellt. Diese Datenbank umfasst 200 Objekte, die wir auf der Basis von Umfragen, eigenen Kenntnissen und Medienrecherchen zusammengetragen haben. Bei jedem Objekt haben wir die im Rahmen der Sanierungen vorgenommenen Massnahmen erfasst. Bei vielen Beispielen waren dies ausschliesslich die klassischen Sanierungsmassnahmen. Bei nicht wenigen kamen aber auch Um- und Neugestaltungen dazu. Aus ihnen haben wir eine Auswahl von zwanzig Beispielen getroffen, die wir ausführlicher dokumentierten.
Kriterien für die Auswahl waren die folgenden: Wir wählten Beispiele möglichst aus der ganzen Schweiz, sowohl römisch-katholische als auch reformierte, wir achteten darauf, dass die Um- und Neugestaltungen ein breites Spektrum an unterschiedlichen Massnahmen betrafen, wir interessierten uns für die Prozesse, die zu den Neugestaltungen geführt haben, wir studierten die Funktionen, die die Räume neu erfüllen, und wirschauten auf die Qualität der Beispiele in Bezug auf die Funktionalität und die architektonische Umsetzung. Dreizehn der zwanzig Beispiele sind realisiert, ein Beispiel befindet sich momentan (August 2021) in Ausführung, drei sind in der Projektphase, bei einem handelt es sich um ein auf zehn Jahre befristetes Provisorium und zwei Beispiele sind Projekte für Neugestaltungen, die nicht ausgeführt werden konnten, da im einen Fall die Kirchgemeinde, im andern Fall die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege sie ablehnten. Wir haben letztere aufgenommen, weil man auch aus gescheiterten Projekten lernen kann.
Uns ist klar, dass die Auswahl um viele weitere Beispiele von hoher Qualität ergänzt werden könnte. Wenn wir die Mittel und Kapazitäten haben, werden wir die Dokumentation gerne erweitern, allerdings nicht aktiv, sondern mit Material, das an uns herangetragen wird. Sollten Sie als Besucherin oder Besucher dieser Seite weitere Beispiel von neu gestalteten flexiblen Kirchenräumen kennen, freuen wir uns über die Zusendung einer kleinen Dokumentation.
Ziel
Was ist das Ziel dieser Dokumentation? Wir möchten auf ein Thema hinweisen, das bei Sanierungen von Kirchen und Kapellen gegenwärtig immer öfter auf den Tisch kommt und hoch aktuell ist. Das Thema ist bisweilen Gegenstand von Kontroversen sowohl innerhalb der Kirchgemeinden als auch im Gespräch zwischen Kirche und Denkmalpflege. Lösungen müssen ausgehandelt werden, Kompromissbereitschaft ist verlangt. Die Dokumentation präsentiert Beispiele, die unserer Meinung nach Vorbildcharakter haben.
Darüber hinaus hat sie zum Ziel, innerhalb des allgemeinen Anliegens der Flexibilisierung auf konkrete Themen hinzuweisen, die aus diesem Anliegen resultieren. Themen wie verschiebbare Sitzgelegenheiten, neue liturgische Orte, veränderte Grundausstattung mit neuer Platzierung der Gemeinde, Ausbau des Eingangsbereichs, Einbauten oder Anbauten für Toilettenanlagen, Stauraum, Küche, Erweiterung um Räume für kleinere Veranstaltungen, flexibel nutzbare Lichtanlage, Erneuerung des Heizsystems, Steuerung der Technik für unterschiedliche Anlässe und Weiteres.
Flexible Kirchenräume sind eine Herausforderung. Wie die Dokumentation zeigt, wurde diese Herausforderung an vielen Orten meisterhaft gelöst.
Über uns
Die Dokumentation Flexible Kirchenräume wurde erstellt von Lena Pflüger und Johannes Stückelberger.
Kontakt
Sollten Sie in der Dokumentation Fehler entdecken, gerne ein weiteres Objekt zur Aufnahme vorschlagen oder eine Anregung bzw. Frage haben, freuen wir uns, wenn Sie mit Johannes Stückelberger Kontakt aufnehmen.